VON SANDKASTENKRIEGERN UND EROBERUNG Als ich noch klein, jung und dumm war, als meine kindlichen Kontinente und Länder noch auf dem Sandkasten existierten, da fühlte ich mich schon als kleiner Eroberer. Freilich war dies alles nur eine Ausgeburt meines kindlichen Größenwahns, aber schon damals musste man ein Held sein, um die Herzen der kleinen Mädchen zu erobern. Nur wer ein kleines Reich um sich scharen, und sich gegen erbitterte Feinde erwehren konnte, durfte sich in der Gunst der Mädchen bestätigt sehen. Was sich auf den kriegerischen Schauplätzen des Sandkastens abspielte, will ich an dieser Stelle gar nicht verniedlichen, denn welche Kriegswunden wir damals aus den Feldzügen mit in die heimischen Wohnungen schleppten, waren keineswegs geringe. Wer jemals eine Gartenkralle auf den Kopf gedonnert bekam, der weiß, wovon ich spreche. Dieser finale Schlag meines Erzfeindes Roland mit der Gartenkralle, der seinerzeit auch den Niedergang meines kleinen Reiches heraufbeschwor, war auch gleichzeitig die beschämende Resignation im Kampfe um meine große Kinderliebe. Zu jener Zeit, war der Sandkasten bereits einem großen Sandberg gewichen, der auf dem großen Grundstück des Nachbarn, durch die Aushebung eines Kellers entstanden war. So hatten wir neben unseren Kriegsfeinden, uns zusätzlich gegen die Schaufeln der großen Menschen zu erwehren, die dann und wann mit riesigen Schubkarren sich in unsere Reiche vorwagten, und sie Schaufel um Schaufel verkleinerten. In jenen Momenten ruhten alle kriegerischen Rachegelüste unter den Kindern und wir schlossen uns zusammen zum Bund der Sandbergritter, um uns gegen die bösen großen Männer zu verteidigen. Diese Bündnisse waren natürlich nur von geringer Dauer, denn sobald das Volk der großen Männer wieder abgezogen war, lebten die alten Feindschaften wieder auf. Ich gestehe, ich war noch nie ein großer Eroberer, die Niederlage durch die Gartenkralle, war nur eine vieler Niederlagen, die ich damals einzustecken hatte, und markierte nun den Schlusspunkt meiner Kriegerzeit. Denn Roland, der größte aller kindlichen Feldherrn, hatte sich durch den unfairen Kampfe mit der Gartenkralle, auch meine große Kinderliebe auf seine Seite gezogen. Heulend lief ich an jenem Tage nach Hause und hoffte insgeheim, dass irgendwann die Zeit kommen möge, in der alles anders ist.
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